E-Commerce in B2B-Märkten – Fundamentale Veränderungen für den Handel

In den Konsumgütermärkten hat Online-Shopping einen tiefgreifenden strukturellen Wandel ausgelöst und das Kaufverhalten der Kunden grundlegend verändert. Eine ähnliche Entwicklung findet in den Geschäftskundenmärkten statt. Was bedeutet E-Commerce für das Beschaffungswesen im industriellen Sektor? Der E-Business-Experte Thomas Lang über Chancen und Herausforderungen.

Herr Lang, welchen Nutzen bringt E-Commerce den Entscheidungsträgern und Einkaufsverantwortlichen in den Unternehmen?

Die Interaktion mit dem Anbieter kann rund um die Uhr stattfinden, an 365 Tagen im Jahr. Damit erhöht sich die Flexibilität bei der Beschaffung enorm. Die Digitalisierung verschafft dem Kunden direkten Zugang zu aktuellen Informationen und Daten zu Sortiment, Lagerbeständen, Verfügbarkeit, Konditionen usw. Ein weiterer Effekt der Digitalisierung besteht darin, dass der Kunde beispielsweise Konstruktionsdaten übernehmen und in eigenen CAD-Systemen weiterverarbeiten kann.

Wie wirkt sich E-Commerce auf die Struktur der Beschaffungsmärkte aus?

Mit der Verlagerung des Marktgeschehens ins Internet stehen Anbieter plötzlich im Wettbewerb mit Konkurrenten aus aller Welt, und die Kunden haben absolute Markttransparenz. Des Weiteren greifen mit intermediär wirkenden Akteuren neue Kräfte ins Marktgeschehen ein, was den Wettbewerbsdruck für die klassischen Vertriebsunternehmen weiter verschärft.

Wie kann sich das klassische, technisch ausgerichtete Vertriebsunternehmen unter diesen Voraussetzungen behaupten?

Neben dem Ausbau der Serviceleistungen und der Übernahme von Logistikfunktionen müssen Vertriebsunternehmen ihre Präsenz im digitalen Raum verstärken. Sie müssen ihre Kompetenzen und ihre Lösungsfähigkeit auf digitalen Plattformen und durch professionelles Bespielen digitaler Medien glaubwürdig darstellen. Wie im privaten Bereich informieren sich Einkaufsverantwortliche auch bei der Beschaffung von Industrieprodukten zuerst im Internet und treffen Vorentscheidungen. Anbieter, die im Internet nicht präsent sind, kommen schon gar nicht ins Rennen.

Worin unterscheidet sich E-Commerce im professionellen Beschaffungswesen vom privaten Online-Shopping?

Die Mechanismen sind dieselben. Erfolgsfaktoren im Online-Business sind Angebotstransparenz, Querverweise auf ergänzende Angebote, Online-Beratung und -Services und nicht zuletzt Nettopreise. Markttransparenz heisst auch Preistransparenz. Im Online-Shopping sind Marktpreise schon längst Standard. Sie werden sich auch im B2B-Bereich durchsetzen.

Womit muss sich ein technisches Vertriebsunternehmen bei der Entwicklung einer E-Commerce-Strategie auseinandersetzen?

Hier geht es nicht einfach um ein IT-Projekt, sondern um ein Change-Projekt, das von der Unternehmensführung angestossen wird und die gesamte Organisation betrifft. Um im digitalen Bereich Fuss zu fassen, braucht es einen Kulturwandel. Die Mitarbeitenden müssen sich digitales Know-how aneignen und ihre Rolle neu definieren.

Was heisst das konkret?

Der Innendienst muss neue Beratungskompetenzen entwickeln. Zum Beispiel muss er den Kunden helfen, sich im digitalen Raum zurecht zu finden, oder er muss lernen, über elektronische Medien professionell zu kommunizieren. Im Aussendienst tritt die lösungsorientierte Beratung vermehrt an die Stelle des auf schnelle Direktabschlüsse fokussierten Verkaufens. Der mit der digitalen Interaktion abgestimmte Kundendialog rückt ins Zentrum seiner Aufgaben.

Dazu kommen im Aussendienst vermehrt auch Tablets zum Einsatz …

Das ist nur dann sinnvoll, wenn das Tablet nicht einfach als elektronischer Bestellblock dient. Es wird zu einem wertvollen Instrument, wenn es als Portal für den direkten Zugriff auf alle für den Kundendialog relevanten Daten und Informationen genutzt wird und ein klares Gesamtbild von der Client History vermittelt.

Wie praktiziert ein Anbieter Kundennähe in der digitalen Welt?

Die Digitalisierung verleiht dem Kundenkontakt eine neue Qualität und macht ihn intensiver. Der Dialog findet in Ergänzung zum persönlichen oder telefonischen Kontakt auch über eine Vielzahl von Touchpoints wie E-Mail, Chat, Social Media usw. statt, wobei der Kunde die bevorzugte Kommunikationsform wählt.

Die Fragen an Thomas Lang stellte die Redaktion des Bachofen’s Digest.

Carpathia AG – Lotse auf der Reise in die digitale Welt

Carpathia AG heisst das Unternehmen in Anlehnung an ein legendäres Passagierschiff der Cunard Line, das einst auf der Transatlantik-Route unterwegs war. Nomen est omen: Seit rund siebzehn Jahren sorgt Thomas Lang als strategisch versierter Steuermann dafür, dass Unternehmen auf ihrer Reise durch die digitale Welt auf Kurs bleiben und sämtliche Klippen erfolgreich umschiffen.

Thomas Lang studierte Betriebsökonomie und Wirtschaftsinformatik, absolvierte einen dreijährigen Aufenthalt in Los Angeles und sammelte einige Jahre lang praktische Erfahrungen im Online-Vertrieb. Im Jahr 2'000 gründete er mit zehn Jahren Vorsprung auf Nachahmer die auf Digital Business, E-Commerce, Omni-/Cross Channel und Digitale Transformation spezialisierte Carpathia AG.

Für Thomas Lang geht es beim Thema Digitalisierung nicht um ja oder nein, sondern um wann und wie. Er ermutigt Unternehmen dazu, sich zu verändern und in ihre digitale Zukunft zu investieren. Dies nach dem Grundsatz, an den er sich auch selber hält: Wer ernten will, muss zuerst säen.

E-Commerce-Strategie bei Bachofen: mit voller Kraft voraus
Bereits 2015 gleiste Bachofen mit Unterstützung der Carpathia AG eine E-Commerce-Strategie auf, die seit 2016 Schritt für Schritt umgesetzt wird. Ziel ist es, mit der Entwicklung einer umfassenden, innovativen Online-Plattform bei der Digitalisierung in der Industriebranche aktiv mitzuwirken und auch in der digitalen Welt ein leistungsfähiger Lieferpartner zu sein. Mit der Lancierung der neu konzipierten Website im Herbst 2016 wurde das erste Teilprojekt erfolgreich abgeschlossen. Zurzeit ist die Realisierung einer zeitgemässen Onlineshop-Lösung im Gange, die den Kunden noch in 2017 zur Verfügung stehen wird.

Thomas Lang: Inhaber und Geschäftsführer der Carpathia AG
Interviewpartner Thomas Lang Detail